News vom Landesfeuerwehrverband
Aviso: FW-Geschichte-Seminar: 25 Jahre nach der "steirischen" Gastarbeiterroute
Erstellt von Thomas Meier am 15.02.2016
Das heurige Feuerwehrgeschichte-Seminar in der Feuerwehr- und Zivilschutzschule Steiermark befasst sich mit dem Thema der sogenannten „Gastarbeiterroute“.
Als Ergänzung zum Feuerwehrgeschichte-Grundlehrgang (2-tägig) findet an der FWZS in Lebring jeweils im Frühjahr ein eintägiges Geschichte-Seminar mit wechselnden Themen statt. Heuer steht die Veranstaltung im Zeichen der ehemaligen „Gastarbeiterroute“.
Die Arbeitsmigration, die als „Gastarbeit“ in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bekannt wurde, ist ein bedeutendes Phänomen der jüngeren europäischen Migrationsgeschichte. In einem Zeitraum von ungefähr 30 Jahren waren mehrere Millionen Menschen auf der Suche nach Arbeit in Bewegung und „pendelten“ entlang einer Nord‐Südachse zwischen Arbeits- und Heimatort. Für viele war diese Achse gleichbedeutend mit der E5, der sogenannten „Gastarbeiterroute“.
Das enorme Verkehrsaufkommen, vor allem entlang des steirischen Abschnitts der Route, stellte nicht nur Anrainer und Migranten, sondern auch Einsatzorganisationen wie Feuerwehren, Rotes Kreuz und Polizei vor beinahe nicht zu bewältigende Aufgaben. Zu den Stoßzeiten waren die freiwilligen und beruflich organisierten Helfer entlang der Strecke großen psychischen Belastungen ausgesetzt, mit denen bislang niemand in diesem Ausmaß konfrontiert war. Hinzu kam der Mangel an geeigneten Fahrzeugen, technischem Gerät und geschulter Mannschaft, um die zahllosen Einsätze möglichst effizient und unter Wahrung der eigenen Sicherheit meistern zu können.


An den unfallträchtigsten Stellen im Enns- und Palten-Liesingtal mussten die Einsatzkräfte 50 und mehr zum Teil schwere Verkehrsunfälle pro Jahr bewältigen. Aber auch bei Bruck an der Mur, Frohnleiten und Lebring-St.Margarethen weisen die Statistiken der 1970er-Jahre unzählige Unfälle auf, die auf der zumeist nur jeweils einspurig befahrbaren Straße kilometerlange Staus zur Folge hatten.

Das gegenständliche Feuerwehrgeschichte-Seminar widmet sich im Speziellen der „steirischen Gastarbeiterroute“ von den 1960er-Jahren bis zum Jahr 1991, als der Beginn der Balkankrise die Verkehrsströme verlagerte und unser Bundesland vom Phänomen des „Gastarbeiterverkehrs“ nicht mehr betroffen war.
Als Vorbereitung auf den Lehrgang wurde im letzten Jahr ein Fragebogen erstellt und an alle ehemals von der Thematik betroffenen Feuerwehren zwischen Mandling und Spielfeld ausgesandt. Die Ergebnisse aus dieser Umfrage werden im Rahmen des Seminars präsentiert.
Als Fachreferenten konnten Dr. Manfred Pfaffenthaler (Uni Graz), ELFR Univ.-Lektor OSR Dr. Otto Widetschek und LFI BFR Michael Miggitsch gewonnen werden. Zudem soll den Seminarteilnehmern die damals herrschende Situation anhand von zwei Diskussionsrunden veranschaulicht werden. Zum einen mit vier namhaften Journalisten, zum anderen mit Zeitzeugen von Feuerwehr, Rotem Kreuz und Gendarmerie. Beide Diskussionen lassen auf eine spannende wie eindrückliche Schilderung des Alltages von Einsatzkräften, Anrainern und Medienvertretern zu Zeiten der Gastarbeiterroute hoffen.
Das Feuerwehrgeschichte-Seminar findet am Samstag, dem 19. März 2016 in der FWZS in Lebring statt, die Anmeldung dazu erfolgt über das Kursbuchungssystem.
Fachartikel Kleine Zeitung - die blutige Straße in die Heimat
Text: Mag. Florian Hell
Abbildungen:
FG-Seminar 2016_01 Verkehrsunfall auf der Kreuzung B67/Oberleitringerbundesstraße im Frühjahr 1978 Fotograf: Franz Trampusch; Archiv: FF Leitring
FG-Seminar 2016_02 Verkehrsunfall auf der S36 auf Höhe des Pernegger Stausees vom März 1982 Fotograf: unbekannt; Archiv: FF Bruck an der Mur
FG-Seminar 2016_03 Unfallhäufigkeit auf der „Gastarbeiterroute“ im Jahr 1974 zitiert nach: Chr. Theussl, P. Pritz, A9 Pyhrnautobahn. Gastarbeiterroute durch die Steiermark. Erstellt für die Verkehrsministerkonferenz in München 1976 vom Amt der steiermärkischen Landesregierung. Fachabteilung IIa: Straßenplanung und Verkehrstechnik